Aufsichtsräte haften bei Pflichtverletzungen persönlich

Veröffentlicht am: 13. April 2021 von: Ina Jahn
Kategorie(n): Blog, Gesellschaftsrecht, Unternehmensrecht

Der Aufsichtsrat ist ein Kontrollorgan etwa in Aktien- und Kapitalgesellschaften, Genossenschaften oder anderen Organisationen. In einer AG ist die Bildung eines Aufsichtsrates verpflichtend, wohingegen die Einsetzung des Gremiums beispielsweise bei einer GmbH bis 500 Mitarbeiter freiwillig geschehen kann. Mit einem Sitz im Aufsichtsrat gehen Verantwortung und zahlreiche Pflichten einher. Bei deren Verletzung haftet das jeweils verantwortliche Mitglied persönlich – eine stellvertretende Haftung des ganzen Organes gibt es nicht. Wer schädliche Entscheidungen mitträgt, sie widerspruchslos hinnimmt und nicht an die zuständige Instanz meldet oder wer sich schlicht nicht ausreichend über die Entwicklungen im Unternehmen informiert, kann sich zivil- und strafrechtlich haftbar machen. 

Die Pflichten des Aufsichtsrats

Die Hauptaufgabe des Aufsichtsrates in einer Aktiengesellschaft ist die Überwachung und Beratung des Vorstandes – oder der Geschäftsführung in einer GmbH. Er muss stets im Sinn des Unternehmens handeln und Schaden möglichst von diesem abwenden. Dabei unterliegen die Mitglieder des Organs drei grundsätzlichen Pflichten:

Treuepflicht: Aufsichtsratsmitglieder müssen sich loyal zum Unternehmen verhalten und zu dessen Wohl handeln. Interessenkonflikte sind zu vermeiden: Stehen sich persönliche Interessen und die der Gesellschaft entgegen, muss im Zweifel das Amt im Aufsichtsrat niedergelegt werden. Aber: Es gilt für Aufsichtsratsmitglieder kein Wettbewerbsverbot. Der Sitz im Gremium ist nebenamtlich, deshalb können in überschaubarem Umfang auch Geschäfte mit dem Unternehmen getätigt werden.

Verschwiegenheitspflicht: Betriebsgeheimnisse und sensible Informationen müssen stets vertraulich behandelt werden und dürfen nicht an Außenstehende weitergegeben werden.

Sorgfaltspflicht: Das Aufsichtsratsmitglied muss über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und sich daraus ergebende Verpflichtungen permanent informiert sein. Reichen eigene Fertigkeiten und Kenntnisse dazu nicht aus, ist Expertenhilfe etwa von Wirtschaftsprüfern oder Fachanwälten hinzuzuziehen. Ergeben sich Herausforderungen, müssen diese umgehend mit dem gesamten Aufsichtsrat besprochen und weitere Schritte eingeleitet werden.

Umfassende Kontrollfunktion in der AG

Neben diesen grundlegenden Pflichten fallen dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft zahlreiche Kompetenzen zu. Er muss unter anderem:

  • Vorstandsmitglieder bestellen oder entlassen, die Geschäftsordnung für die Vorstände erlassen und die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand vertreten,
  • Berichte an die Hauptversammlung herausgeben, Beschlussvorschläge machen und die Versammlung, drohen Gefahren für das Unternehmen, einberufen,
  • den Abschlussprüfer bestellen und den Jahresabschluss anschließend abnehmen,
  • Zahlungen und Krediten an Vorstände oder Aufsichtsratsmitglieder zustimmen, Verträge des Unternehmens mit Aufsichtsräten prüfen, bei bestimmten Geschäftsentscheidungen als Kontrollinstanz involviert werden.

Was geschieht bei Pflichtverletzungen?

Im Rahmen der Verpflichtungen des Aufsichtsrats kann es mitunter zu Verfehlungen oder Fahrlässigkeit der Mitglieder kommen. Etwa wenn:

  • unverhältnismäßige Zahlungen an den Vorstand genehmigt werden,
  • sich Aufsichtsratsmitglieder an schadhaften Geschäften beteiligen oder sie billigen,
  • eine Insolvenz nicht rechtzeitig erkannt und der Vorstand nicht zum Einleiten der nötigen Maßnahmen bewegt wird,
  • Geheimnisverrat, Steuerhinterziehung, Subventionsbetrug, Insiderhandel, Amtsmissbrauch begangen oder geduldet werden.

In solchen Fällen kann es zur umfassenden privaten Haftung der jeweiligen Aufsichtsratsmitglieder kommen. Sie können beispielsweise von Aktionären auf Schadenersatz verklagt werden. Strafrechtlich reichen die Sanktionen von Geld- bis zu mehrjährigen Haftstrafen. Wurde etwa ein Insiderhandel mit Wertpapieren betrieben, kann dies mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug geahndet werden. Auf Insolvenzverschleppung stehen bis zu drei Jahre Haft.

Expertenrat kann helfen

Um im komplexen Gefüge von Verpflichtungen und Haftbarkeiten den Überblick nicht zu verlieren, sollten Aufsichtsratsmitglieder im Zweifel fundierte Rechtsberatung hinzuziehen. Fachjuristen können beispielsweise Fragen dazu klären, welche Risiken sich durch eine sogenannte D&O-Versicherung, eine Managerhaftpflichtversicherung, verringern lassen.

Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht

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