Was ist die Gesellschaftssatzung –und was gehört unbedingt hinein?

Veröffentlicht am: 13. August 2025 von: Sandro Dittmann
Kategorie(n): Allgemein

Wenn Sie Gesellschafter/in einer GmbH oder UG werden, kommen Sie an einem Begriff nicht vorbei: der Gesellschaftssatzung (auch „Gesellschaftsvertrag“ genannt). Sie ist das Fundament Ihrer Gesellschaft – rechtlich, wirtschaftlich und im Miteinander.

Doch was genau regelt die Satzung? Welche Punkte sollten unbedingt enthalten sein? Und worauf sollten Sie als (zukünftige) Gesellschafter besonders achten? In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen kompakten, aber praxisnahen Überblick.

Was ist die Gesellschaftssatzung?

Die Satzung ist der „Grundgesetz“ Ihrer Gesellschaft. Sie enthält die zentralen Regeln zur Organisation, zur Entscheidungsfindung, zu Rechten und Pflichten der Gesellschafter – und schafft damit Rechtssicherheit, nicht nur im Alltag sondern insbesondere in Konfliktsituationen.

Für Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) ist eine schriftliche Satzung gesetzlich vorgeschrieben (§ 3 GmbHG). Für Personengesellschaften wie die GbR oder OHG ist sie nicht zwingend, aber dringend zu empfehlen – auch wenn es sich „nur“ um Familienmitglieder oder beste Freunde handelt!

Diese Inhalte sollte eine Gesellschaftssatzung regeln

1. Grunddaten der Gesellschaft

  • Firma (Name der Gesellschaft)
  • Sitz
  • Gegenstand des Unternehmens
  • Stammkapital und Geschäftsanteile (bei GmbH/UG)

Diese Punkte sind formell notwendig, aber nur die Basis.

2. Geschäftsführung und Vertretung

Wer führt die Geschäfte – und wie? Die Satzung muss klar regeln, wer zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet ist. Besonders wichtig hierbei sind diese Punkte:

  • Alleinvertretung oder nur gemeinschaftlich?
    Sprich darf ein Geschäftsführer im Alleingang Entscheidungen fällen? Wenn nicht, muss festgelegt werden, ab wann gemeinsame Abstimmungen (entweder mit einem zweiten Geschäftsführer oder mit Beschluss der Gesellschafterversammlung) nötig sind. So kann z.B. definiert werden, dass strategische Entscheidungen (wie z.B. Ortswechsel, Sortimentswechsel, Kundenstrategie) immer gemeinsam getroffen werden müssen. Kleinere Entscheidungen bis zu einer Höhe von xx Euro sollten die Geschäftsführer innerhalb ihrer Bereich jedoch frei entscheiden können, um das tägliche Zusammenleben nicht durch zu viele Absprachen zu blockieren.

Praxis-Tipp: Gerade in Start-ups oder Familiengesellschaften wird hier oft zu entspannt gearbeitet – mit dem Ergebnis, dass alltägliche Entscheidungen rechtlich angreifbar werden oder das Unternehmen sich selbst blockiert.

3. Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung

Wie treffen die Gesellschafter Entscheidungen? Die Satzung sollte klar regeln:

  • Einberufung – wie wird zu den Gesellschafterversammlungen eingeladen?
    (z. B. schriftlich, Fristen, Antwortpflicht). Wir haben schon Fälle erlebt, in denen eine kurzfristig anberaumte Gesellschafterversammlung ganz bewusst ohne den eigentlich wichtigsten Gesellschafter und Firmengründer stattfand und dabei Entscheidungen gegen seinen Willen getroffen wurde – komplett legal.
  • Form der Beschlussfassung (schriftlich, digital, Präsenz?)
    Hier geht es darum, in welcher Form die Ergebnisse beschlossen und festgehalten werden. Wir empfehlen immer eine schriftliches Protokoll mit Widerspruchsfrist.
  • Quoren (einfache Mehrheit, qualifizierte Mehrheit z. B. für Satzungsänderungen)
    Je nach Bedeutung der Entscheidung sollten unterschiedliche Quoren definiert werden, denn z.B. die Entscheidung, in eine neue Maschine im mittleren Preissegment zu investieren, ist lange nicht so entscheidend, wie die Entscheidung, neue Gesellschafter aufzunehmen.
  • Stimmrechtsverteilung (nach Geschäftsanteilen oder abweichend?)
    In der Regel entsprechen die Stimmrechte der Gesellschafter ihren Geschäftsanteilen. Dies kann jedoch durchaus individuell anders geregelt werden!

Tipp für GmbHs: Ohne klare Regelung gilt das GmbH-Gesetz. Dies ist jedoch häufig unflexibel oder ungeeignet, insbesondere, wenn es mehrere Gesellschafter mit unterschiedlichem Einfluss gibt.

4. Kündigung und Austritt eines Gesellschafters

Bei jedem guten Vertrag muss die Art des Ausstiegs klar geregelt sein. Gerade bei der GmbH kann ein Gesellschafter nicht einfach so kündigen. Wenn die Satzung hier nichts regelt, bleibt oft nur der Verkauf oder ein langwieriger Prozess.

Daher gilt:
Regeln Sie den freiwilligen Austritt ausdrücklich – mit Kündigungsfristen, Abfindungsmodalitäten und ggf. Zustimmungspflichten der übrigen Gesellschafter. Achten Sie dabei insbesondere darauf, dass das Unternehmen auch nach dem Ausstieg weiterhin wirtschaftlich profitabel bestehen kann.

5. Verkauf & Vererbung von Anteilen

Auch der Verkauf von Geschäftsanteilen sollte klar geregelt werden, damit es nicht zu unkontrollierten Entwicklungen kommt. Wenn ein Gesellschafter seinen Anteil verkaufen möchte, betrifft das oft auch die übrigen Gesellschafter – sei es wirtschaftlich, strategisch oder aus Gründen des Vertrauens. Um dabei alle Beteiligten abzusichern, enthalten viele Gesellschaftssatzungen spezielle Regelungen wie Vorkaufsrechte, Tag-along- und Drag-along-Klauseln.

  • Zustimmung
    Ist die Zustimmung der anderen Gesellschafter für den Verkauf erforderlich?
    Unser Tipp: Im Sinne des Unternehmens sollten Sie die Zustimmung unbedingt hinzufügen. Allerdings ist klar zu regeln, welche Gründe für die Ablehnung vorliegen müssen, damit ein Verkauf nicht ad absurdum blockiert werden kann und Sie bis zum Sanktnimmerleinstag Gesellschafter bleiben, ob Sie wollen oder nicht.
  • Vorkaufsrecht – Schutz vor unerwünschten Dritten
    Ein Vorkaufsrecht sichert bestehenden Gesellschaftern die Möglichkeit, einen zum Verkauf stehenden Geschäftsanteil selbst zu übernehmen, bevor ein Dritter ihn bekommt.

    Beispiel:
    Herr A möchte seinen GmbH-Anteil an einen externen Investor verkaufen. Die Satzung enthält ein Vorkaufsrecht zugunsten der anderen Gesellschafter B und C.
    → Bevor der Verkauf an den Investor wirksam wird, müssen B und C informiert werden und haben das Recht, den Anteil zu den gleichen Konditionen selbst zu kaufen.
    Ziel: Schutz vor fremden, möglicherweise unerwünschten Gesellschaftern.
  • Tag-along-Recht („Mitverkaufsrecht“) – Schutz für Minderheitsgesellschafter
    Ein Tag-along-Recht erlaubt es einem Gesellschafter, seinen Anteil mitzuverkaufen, wenn ein anderer Gesellschafter seinen Anteil an einen Dritten verkauft – typischerweise gilt das für Minderheitsgesellschafter.

    Beispiel:
    Gesellschafter A (70 %) will seine Anteile an ein großes Unternehmen verkaufen.
    → Gesellschafter B (30 %) hat ein Tag-along-Recht. Er darf verlangen, dass auch seine Anteile zu denselben Bedingungen mitverkauft werden – damit er nicht mit einem neuen, fremdbestimmten Mehrheitsgesellschafter allein zurückbleibt.
    Ziel: Schutz vor „allein zurückgelassen werden“ in einer veränderten Gesellschafterstruktur.

  • 3. Drag-along-Recht („Mitverkaufspflicht“) – Exit für alle erzwingen
    Ein Drag-along-Recht gibt einem Mehrheitsgesellschafter das Recht, auch die Minderheitsgesellschafter zum Verkauf ihrer Anteile zu zwingen, wenn ein Käufer nur 100 % übernehmen will.

    Beispiel:
    Ein Investor möchte die GmbH vollständig übernehmen, kauft aber nur, wenn er alle Anteile bekommt.
    → Gesellschafter A (80 %) zieht mithilfe des Drag-along-Rechts auch die Gesellschafter B (20 %) zum Verkauf zu denselben Konditionen.
    Ziel: Ermöglicht einen vollständigen Unternehmensverkauf („Exit“), auch wenn Minderheitsgesellschafter blockieren könnten.
  • Regelungen für die Vererbung:
    Sie sollten verhindern, dass fremde Erben plötzlich Mitgesellschafter werden, insbesondere, wenn es eine große Erbengemeinschaft gibt bzw. die Erben bis dato nichts mit dem Unternehmen zu tun hatten. Ohne Regelung geht ein GmbH-Anteil im Todesfall automatisch auf die Erben über – mit allen Rechten. Das kann in der Praxis zu erheblichen Problemen führen!

Ohne klare vertragliche Regelung kann es leicht zu Blockaden oder Konflikten kommen – im schlimmsten Fall scheitert ein Unternehmensverkauf an einem einzigen Gesellschafter. Daher ist es wichtig, die Vorkaufsrechte, Tag-along und Drag-along sauber aufeinander abzustimmen – und zwar im Detail, d.h. mit Fristen, Formvorgaben und Bewertungsmechanismen. Lesen Sie dazu auch unseren Blog „Exitszenario“.

6. Einziehung (Zwangsentziehung) von Anteilen

Was passiert, wenn einer der Gesellschafter massiv gegen Gesellschaftsinteressen verstößt – oder insolvent wird? In solchen Fällen kann die Einziehung eines Geschäftsanteils sinnvoll oder notwendig sein. Die Satzung sollte daher regeln:

  • In welchen Fällen ist die Einziehung zulässig?
  • Wer beschließt sie – und mit welcher Mehrheit?
  • Wie wird der einzuziehende Anteil bewertet?

7. Bewertung bei Austritt oder Einziehung

Ein Streitpunkt, der fast immer unterschätzt wird: Wie wird der Geschäftsanteil bewertet?

  • Verkehrswert, Buchwert, Ertragswert?
  • Bewertungsverfahren nach IDW S1?
  • Stichtag: Beschlussdatum oder Ende des Geschäftsjahrs?
  • Berücksichtigung stiller Reserven?

Wichtig: Ohne Regelung droht ein teurer Streit vor Gericht – der oft das Unternehmen selbst gefährdet. Lesen Sie dazu auch unseren Blog „Bewertungsmethoden für Unternehmen“

8. Wettbewerbsverbote für Gesellschafter

Ein Gesellschafter, der nebenbei ein konkurrierendes Unternehmen betreibt? Das ist selten im Interesse der Gesellschaft – aber ohne ausdrückliche Regelung oft zulässig.

Was Sie regeln sollten:

  • Verbot der direkten oder indirekten Konkurrenz zur Gesellschaft
  • Gilt das Verbot nur während der Gesellschafterstellung – oder auch danach?
  • Ausnahmen bei Zustimmung der anderen Gesellschafter?
  • Vertragsstrafe bei Verstoß?

Praxisbeispiel: Ein Mitgesellschafter gründet im gleichen Marktsegment eine neue Firma und wirbt Kunden ab. Ohne Wettbewerbsverbot in der Satzung ist das nicht automatisch unzulässig – und oft nur schwer zu unterbinden.

9. Nachschusspflichten – freiwillig oder verpflichtend?

Benötigt die Gesellschaft später zusätzliches Kapital, stellt sich die Frage: Müssen die Gesellschafter Nachschüsse leisten?

Regelungsmöglichkeiten in der Satzung:

  • Nachschusspflichten ganz ausschließen (gerade bei GmbHs üblich)
  • Höhe und Verteilung der Nachschüsse klar regeln
  • Mehrheitsbeschluss notwendig oder Einstimmigkeit?
  • Rückzahlungsmöglichkeiten bei Ausscheiden?

Wichtig: Ohne ausdrückliche Satzungsregelung gilt bei der GmbH grundsätzlich: Keine Nachschusspflicht (§ 26 GmbHG). In Personengesellschaften dagegen kann sie durch Auslegung des Vertrags entstehen.

10. Schieds- oder Schlichtungsklauseln

Streit unter Gesellschaftern kann lähmend wirken – und das Unternehmen massiv schädigen. Eine Schiedsklausel hilft, Konflikte außerhalb der ordentlichen Gerichte zu lösen.

Was Sie regeln können:

  • Zuständigkeit eines Schiedsgerichts oder einer Mediationsstelle
  • Verfahrenssprache und Ort
  • Verbindlichkeit der Entscheidung
  • Kostenverteilung

Tipp: Schlichtungsklauseln sind besonders empfehlenswert bei Familiengesellschaften oder Joint Ventures mit internationaler Beteiligung.

11. Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen

Gerade in der Anfangsphase einer GmbH oder bei Liquiditätsengpässen kommt es häufig vor, dass Gesellschafter der Gesellschaft Darlehen zur Verfügung stellen.

Sinnvolle Satzungsregelungen:

  • Schriftformerfordernis für Darlehen?
  • Konditionen (Zinsen, Laufzeit, Rangrücktritt)?
  • Kündigungsfristen für Darlehen?
  • Vorrang von externem Kapital?

Achtung bei Insolvenz: Nicht korrekt vereinbarte Gesellschafterdarlehen gelten oft als nachrangig oder können sogar in Eigenkapital umgedeutet werden – mit erheblichen Folgen für die Rückzahlbarkeit.

12. Verlustverteilung und Entnahmebeschränkungen

Insbesondere bei Personengesellschaften stellt sich die Frage: Wer trägt Verluste – und wie sind Entnahmen geregelt?

Empfehlenswerte Regelungen:

  • Verteilung von Gewinnen und Verlusten (anteilig oder abweichend?)
  • Ausschluss von Entnahmen bei Verlusten?
  • Voraussetzungen für Gewinnausschüttungen in Kapitalgesellschaften?

Ohne Regelung droht im Extremfall eine unangemessene Entnahme durch einzelne Gesellschafter, wodurch die Liquidität gefährdet werden kann.

13. Bindung an Familien- oder Unternehmensstruktur

Gerade in Familienunternehmen stellt sich die Frage: Darf ein Gesellschafter seinen Anteil an Dritte verkaufen – oder nur innerhalb der Familie?

Mögliche Regelungen:

  • Verkauf nur an Ehepartner, Kinder oder andere Gesellschafter?
  • Zustimmungspflichten des Beirats oder der Geschäftsführung?
  • Definition: Was ist ein „familienfremder Erwerber“? (Die Cousine vierten Grades?)
  • Pflicht zur Rückübertragung bei bestimmten Ereignissen (z. B. Scheidung)?

Fazit: Der Teufel steckt im Detail – und die Lösung oft in der Satzung

Eine gut durchdachte Satzung geht weit über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus. Sie ist Ihr Sicherheitsnetz – in wirtschaftlicher wie in menschlicher Hinsicht. Weit mehr als lästiger Papierkram, ist der Gesellschaftervertrag der zentrale Leitfaden im Geschäftsalltag und in Krisenzeiten.

Wer hier vorsorgt, verhindert teure Auseinandersetzungen – und schafft klare, faire Regeln für alle Beteiligten.

Sie sind neu als Gesellschafter oder planen den Einstieg in eine GmbH oder GbR?
Gern prüfe ich Ihre bestehende Satzung oder unterstütze Sie bei der Erstellung eines Gesellschaftsvertrags, der zu Ihren Zielen passt – rechtssicher, praxistauglich und zukunftsfest. Sprechen Sie mich gern an!

Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
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