Kann ein Prokurist die Handelsregisteranmeldung einer geänderten Geschäftsanschrift vornehmen?

Veröffentlicht am: 19. Januar 2015 von: Sandro Dittmann
Kategorie(n): Blog, Handelsrecht

Prokurist ist nicht dazu ermächtigt eine Änderung der Geschäftsadresse zu beantragen

Was war geschehen?

Ein Prokurist wollte bei einem Handelsregister die Geschäftsanschrift der Gesellschaft ändern. Hierfür stellte der Prokurist einer GmbH den Antrag, dass die Änderung vollzogen wird. Diesen Antrag verwarf jedoch das Amtsgericht mit einer Zwischenverfügung. Denn dem Prokuristen fehlt nach seiner Ansicht die Befugnis zur Vornahme der Änderung der Geschäftsanschrift. Dies stelle ein Grundlagengeschäft dar, zu dem ein Prokurist nicht ermächtigt ist.

Gegen diese Zwischenverfügung wurde beim OLG Karlsruhe Beschwerde eingelegt.

Die Entscheidung des Gerichtes

Der Beschwerde wurde vom OLG nicht statt gegeben.

Der Prokurist ist tatsächlich nicht dazu ermächtigt eine Änderung der Geschäftsadresse zu beantragen. Dieser Adresswechsel ist für die Gesellschaft von enormer organisatorischer Bedeutung und stellt somit ein Grundlagengeschäft dar. Denn es können gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG Willenserklärungen an die Vertreter der Gesellschaft unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Durch die Verweigerung des Adresswechsels durch den Prokuristen soll verhindert werden, dass die Zustellung von derartigen Schriftstücken oder Willenserklärungen erschwert wird. Dies führt dazu, dass der Adresswechsel ein enormes Gewicht hat, weshalb dies ein Grundlagengeschäft darstellt. Schließlich könne die inländische Geschäftsadresse unabhängig vom satzungsmäßigen Sitz gemäß § 8 IV Nr. 1 GmbHG ausgesucht werden. Dies führt dazu, dass die Geschäftsadresse einen eigenen Stellenwert besitzt, sodass die Anmeldung der Geschäftsadresse beim Handelsregister nicht als Geschäft im laufenden Betrieb angesehen werden kann.

Der Prokurist kann gewisse Vorgänge beim Handelsregister selbst tätigen, ohne, dass eine notariell beglaubigte Vollmacht durch die Geschäftsführung oder Gesellschafter vorliegen muss. Gemäß § 49 Abs. 1 HGB ist der Prokurist zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, ermächtigt. Diese Vorschrift ermächtigt den Prokuristen grundsätzlich auch zu Handelsregisteranmeldungen. Dies ist jedoch nur für derartige Geschäfte gültig, die der gewöhnliche Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.

Dazu zählen somit keine Grundlagengeschäfte und keine höchstpersönlichen Geschäfte. Diese beinhaltet der Umfang der Prokura nicht.

Das OLG Karlsruhe ist der Auffassung, dass die Änderung der Geschäftsadresse eines Handelsgewerbes zu den Grundlagengeschäften zählt. Damit ist dies folgerichtig nicht mehr vom Umfang der Prokura gedeckt.

Das Kammergericht Berlin ist anderer Ansicht, denn es sieht in dem Adresswechsel kein Grundlagengeschäft, da die Änderung der Geschäftsadresse in der heutigen Zeit regelmäßig der Fall ist.

Praxistipp vom Fachanwalt

Es ist zweifelhaft, ob der Adresswechsel tatsächlich ein Grundlagengeschäft ist. Schließlich liegt es in der Entscheidung der Geschäftsführer und nicht der Gesellschafterversammlung, ob die Geschäftsadresse gewechselt werden soll. Demzufolge wäre es eher eine Rechtshandlung, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, was vom Umfang der Prokura umfasst ist.

Es ist ersichtlich, dass dieses Thema umstritten ist, denn es fehlt noch eine höchstrichterliche Entscheidung. Dennoch wird die Entscheidung des OLG Karlsruhe in der Praxis zeigen, dass ein ohne notariell beglaubigter Vollmacht handelnder Prokurist nicht zu einer Änderung der Geschäftsadresse befugt sein wird und sein diesbezüglicher Antrag zurückgewiesen werden wird. Um eine derartige mit sich bringende Verzögerung zu vermeiden, sollten entweder sofort die durch das Gesetz bestimmten gesetzlichen Vertreter handeln oder der Prokurist eine notariell beglaubigte Vollmacht besitzen.

Oberlandesgericht Karlsruhe vgl. Beschluss vom 07.08.2014 – 11 Wx 17/14

Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht

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