Die Voraussetzungen für eine Fortsetzung trotz Auflösung der Gesellschaft durch Insolvenz
Mit dieser Frage hatte sich das OLG Schleswig auseinanderzusetzen und bejahte dies, jedoch unter starken Einschränkungen, OLG Schleswig, Beschluss vom 1.4.2014 2 W 89/13.
Das Gericht stellte in seinen amtlichen Leitsätzen fest:
- Ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 60 Absatz I Nr. 4 GmbHG aufgelöst, können die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft nur beschließen, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, aufgehoben wird. Diese Fortsetzungsmöglichkeiten sind abschließend.
- Nach der Schlussverteilung ist eine Fortsetzung der nach § 60 Absatz I Nr. 4 GmbHG aufgelösten Gesellschaft ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn sämtliche Gläubiger der Gesellschaft, deren Forderungen zur Insolvenztabelle festgestellt worden sind, vollständig befriedigt worden sind und das Stammkapital zur freien Verfügung des Geschäftsführers steht.
Im Streitfall beschloss der alleinige Gesellschafter nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Fortsetzung der Gesellschaft. Es bestand die Besonderheit, dass sämtliche Gläubiger vollständig befriedigt wurden und die GmbH sogar noch über Vermögen verfügte, das deutlich über das vertraglich vorgesehene Stammkapital hinausgehe.
Allerdings wies das zuständige Amtsgericht die Anmeldung zum Handelsregister zurück.
Das OLG Schleswig bestätigte diese Entscheidung.
Die Begründung erscheint zunächst einleuchtend: § 60 Absatz I Nr. 4 GmbHG sieht die Auflösung der GmbH durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor.
Lediglich in 2 Fällen kann die Fortsetzung der Gesellschaft durch Beschluss der Gesellschafter möglich sein – bei Einstellung des Verfahrens auf Antrag der Schuldnerin sowie nach Aufhebung des Verfahrens nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsehe.
Diese Voraussetzungen lagen im Sachverhalt nicht vor.
Das Gericht stellte klar, dass nach seiner Auffassung die Regelung in § 60 Absatz I Nr. 4 GmbHG abschließend ist. Eine Erweiterung der Fortsetzungsmöglichkeiten auf anders gelagerte Fälle komme nicht in Betracht.
Praxistipp vom Fachanwalt
Die Entscheidung des OLG Schleswig halte ich für falsch, da sie zu zahlreichen Nachteilen führt.
Einerseits muss der Gesellschafter eine neue GmbH gründen, um seine Unternehmung fortzusetzen. Bestehende steuerliche Vorteile (Verlustvorträge) gehen verloren und können nicht mehr genutzt werden.
Und auch für die Gläubiger der Gesellschaft ist das Ergebnis unbefriedigend – sie fallen mit ihrer Forderung vollständig aus.
Der Bundesgerichtshof erhält hier die Möglichkeit, dass Ergebnis zu korrigieren. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Wünschenswert für alle am Verfahren Beteiligten wäre eine Lösung, wonach die Fortsetzung dann möglich ist, wenn das Stammkapital vollständig wiederhergestellt ist und Insolvenzgründe nicht mehr vorliegen.
Bleibt zu hoffen, dass auch der Bundesgerichtshof diese für alle Beteiligten praktikable und sinnvolle Lösung trägt.
Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht
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