Veräußert ein Unternehmer seinen gesamten Geschäftsbetrieb oder einen abgrenzbaren selbständigen Teilbetrieb im Ganzen, ist dieser Vorgang nicht umsatzsteuerbar – es fällt also keine Umsatzsteuer an.
Grundsätzlich wird dabei davon ausgegangen, dass der Betrieb oder Teilbetrieb auf einen Erwerber übertragen wird.
Das Finanzgericht Nürnberg hatte nun über den Sonderfall zu entscheiden, dass die Übertragung des Geschäftsbetriebs auf mehr als ein Umsatzsteuersubjekt erfolgte.Im Tenor hat das Finanzgericht festgestellt, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG nicht nur dann gegeben ist, wenn der Geschäftsbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen wird, sondern auch, wenn der Betrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tatsächlich tun, FG Nürnberg, Urt. v. 6.8.2013, 2 K 1964/10.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig und beim Bundesfinanzhof anhängig – BFH: V R 36/13.
Welche Gestaltung lag dem Sachverhalt zugrunde?
Ein Bauunternehmer wollte die zivilrechtliche Haftung seines Anlagevermögens ausschließen und gleichzeitig seine Söhne am Unternehmen zu beteiligen. Das Einzelunternehmen wurde daher in eine GbR und eine GmbH & Co. KG aufgeteilt.
Das Anlagevermögen verblieb in der GbR – die GmbH & Co. KG führte den Geschäftsbetrieb.
Das Finanzamt vertrat nunmehr die Auffassung, dass keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege – und setzte für die Geschäfte Umsatzsteuer fest.
Das Finanzgericht stand (ausnahmsweise) auf Seiten des Unternehmens.
Das FG gab der Klage statt und bestätigte, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen auch in einem Fall vorliegen kann, in dem die Veräußerung auf mehrere Steuersubjekte erfolgt.
In seiner Begründung bezieht sich das Gericht auf die europarechtlichen Regelungen – Ausgehend vom Zweck des Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 19 MwStSystRL), die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen, und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der Umsatzsteuer, liege eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG auch dann vor, wenn der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen werde, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können und dies auch tun.
Abzustellen ist dabei auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise – die beiden Gesellschaften führen im Ergebnis das Einzelunternehmen weiter. Das sei für § 1 Abs. 1a UStG ausreichend.
Praxistipp vom Fachanwalt:
Sollte der Bundesfinanzhof diese Entscheidung bestätigen, werden dadurch neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, um Vermögenswerte eines Unternehmens zu sichern und aufzuteilen.
Im Rahmen der Vertragsgestaltung sollte dennoch immer darauf geachtet werden, dass Regelungen zur Rückvergütung bzw. zur Erstattung der Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer getroffen werden.
Geschäftsveräußerungen sollten nur mit gesellschaftsrechtlich und steuerrechtlich erfahrenen Beratern durchgeführt werden. Ich stehe gern für die Vertragsgestaltung zur Verfügung.
Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht
Gern beantworte ich Ihre Fragen – kontaktieren Sie mich!