Die Gerichte beschäftigen sich immer wieder mit der Frage der Abgrenzung vom wirtschaftlichen Verein zum Idealverein. Zwei aktuelle Beschlüsse des Oberlandesgerichts München und des Oberlandesgerichts Thüringen behandeln nunmehr diese Abgrenzung.
Mit der Eintragung eines Vereins ins Vereinsregister erlangt dieser Rechtsfähigkeit. Der Verein kann ab diesem Zeitpunkt selbst Träger von Rechten und Pflichten sein.
§ 21 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht nur Vereine zur Eintragung in das Vereinsregister vor, welche keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Nimmt ein Verein am allgemeinen Rechtsverkehr, vergleichbar mit anderen Unternehmern, teil, verfolgt er einen wirtschaftlichen Zweck und ist zur Eintragung in das Vereinsregister grundsätzlich nicht zugelassen. Lediglich im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs dürfen in engen Grenzen wirtschaftliche Betätigungen entfaltet werden.
Mit Beschluss vom 28.05.2013 hatte sich das OLG München mit einem Verein beschäftigt, welcher mit einer Unterstützungskasse Betriebsangehörigen und deren Angehörigen bei der Altersversorgung Hilfeleistungen anbot.
Das OLG erkannte in dieser Leistung keine wirtschaftliche Ausrichtung. Auch das nach der Satzung nur Arbeitgeber Mitglieder des Unterstützungskasse-Vereins werden konnten, änderte nichts an dieser Wertung. Vielmehr wurde festgestellt, dass Beiträge von Arbeitnehmern wegen § 3 Abs. 1 Körperschaftsteuer- Durchführungsverordnung (KStDV) ohnehin unzulässig sind und sie daher keine Mitglieder werden könnten.
Das Thüringer OLG hatte bereits am 30.10.2012 in einem anders gelagerten Fall zu entscheiden. Gegenstand des Verfahrens war ein „Heimat-Verein“, dessen Zweck die „finanzielle und ideelle Unterstützung von örtlichen, dem Gemeinwohl dienlichen Einrichtungen“ war. Um diesen Zweck umzusetzen, wollte der Verein verschiedene Grundstücke erwerben, um diese dann den Betreibern von Windkraftanalgen gegen Entgelt zu überlassen. Der Verein wollte so seine „finanzielle Grundausstattung“ absichern und seine gemeinnützigen Zwecke fördern.
Das Gericht erkannte jedoch in der Vermarktung der Grundstücke eine wirtschaftliche Tätigkeit. Irrelevant sei auch, dass der aus dieser Vermarktung erzielte Erlös für gemeinnützige, ideelle Zwecke verwendet werden sollte. Selbst das Nebenzweckprivileg wurde dem Verein nicht zugesprochen. Dafür hätte der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb lediglich ein Nebenzweck im Rahmen der ideellen Zwecksetzung sein dürfen. Das Gericht sah aber in der Vermarktung der Grundstücke die Erwirtschaftung der wesentlichen Vereinsmittel. Dem Verein wurde deshalb die Eintragung ins Vereinsregister versagt.
Eine wirtschaftliche Betätigung hindert nicht zwangsläufig die Eintragung ins Vereinsregister. Allerdings muss diese im Rahmen der ideellen Zwecksetzung stets Nebenzweck bleiben. Vor diesem Hintergrund sind beide o.g. Entscheidungen kritisch zu hinterfragen: Soweit wenig personal- und zeitintensive Betätigungen im Rahmen einer einfachen Vermögensverwaltung vorliegen, dürften sich Vereine grundsätzlich noch im Rahmen des Nebenzweckprivilegs bewegen, auch wenn damit wesentliche Vereinsmittel erwirtschaftet werden.
Die Entscheidung des OLG Thüringen hätte also auch anders ausfallen können.
Das Verfahren, welches durch das OLG München entschieden wurde, betrifft ebenfalls eine Vermögensverwaltung. Jedoch verlangt die Unterstützungskasse ganz erhebliche Zeit- und Personalressourcen. Sofern der Zweck gerade im Betrieb einer solchen Vermögensverwaltung liegt, fällt es schwer, noch von einem Idealverein zu sprechen.
Die Entscheidungen zeigen somit, dass die Abgrenzung zwischen Idealverein und wirtschaftlichem Verein leider ganz erhebliche praktische Schwierigkeiten mit sich bringt. Eine einheitliche Linie, an welcher sich der Rechtsanwender orientieren kann, scheint es auch auf Grund der vielen sich zum Teil widersprechenden Einzelfallentscheidungen nicht zu geben.
Dennoch werden derzeit einige (Neugegründete) Vereine nicht zur Eintragung zugelassen oder seitens der Vereinsregister angeschrieben mit der Bitte um Stellungnahme und der Löschungsandrohung. In diesen Fällen bleibt zu raten, die Chance zur Stellungnahme Ernst zu nehmen und den ideellen Zweck des Vereins in aller Ausführlichkeit darzustellen. Neu aufgenommene Tätigkeiten sollten dennoch in geeignete Tochterunternehmen z.B. der gGmbH oder auch der gGenossenschaft ausgegliedert werden.
Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht
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