Entstandene Vorteil des angestellten Gesellschafters sind nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
Der Bundesfinanzhof hatte sich in seiner Entscheidung vom 26.06.2014, Az. VI R 94/13 mit einer sehr praxisrelevanten Fallgestaltung zu beschäftigen – ein Arbeitnehmer, der Gesellschafter wird!
Was war geschehen?
Im Jahr 2006 gründete Herr N eine GmbH, in der er sein Einzelunternehmen gegen die Gewährung von Gesellschafterrechten zu Buchwerten einbrachte. Der Kläger erhielt im Jahr 2008 50 % der Anteile der GmbH für 73.000 € und wurde als Geschäftsführer ernannt.
Im Jahr 2010/2011 erfolgte eine Betriebsprüfung, bei der ein Unternehmenswert von ca. 749.000 € für 50 % der GmbH- Anteile ermittelt wurde. Somit liegt der vom Kläger gezahlte Kaufpreis deutlich unterhalb dem wirklichen Wert der als Gegenleistung erhaltenen Gesellschaftsanteile.
Für das Finanzamt erfolgte die Übertragung der Anteile unter dem eigentlichen Unternehmenswert nur deswegen, damit der Kläger langfristig als Mitarbeiter für die Gesellschaft tätig und an das Unternehmen gebunden ist. Deswegen beurteilt das Finanzamt den beim Kläger entstandenen Vorteil als nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gemäß § 15 EStG.
Die Entscheidung des BFH
Die beim BFH eingelegte Revision hatte keinen Erfolg, weil der vom Kläger erlangte Vorteil als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu beurteilen sind. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu nichtselbständiger Arbeit Löhne und Gehälter sowie andere Bezüge und Vorteile für die Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Für diese Bezüge ist es irrelevant, ob sie regelmäßig oder nur einmalig gewährt werden und ob ein Rechtsanspruch auf ihre Auszahlung besteht oder nicht. Es ist lediglich erforderlich, dass eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Leistung des Arbeitgebers als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers betrachtet werden kann.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt bereits auch dann Arbeitslohn vor, wenn dieser von einem Dritten gezahlt wird. Dafür ist jedoch erforderlich, dass der Arbeitnehmer eine Leistung erbringt, die aufgrund des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber getätigt werden muss und es ein Entgelt für diese Leistung darstellt. Dies muss jedoch durch das FG durch eine tatrichterliche Würdigung ermittelt werden, ob ein derartiger Arbeitslohn vorliegt.
Im hier vorliegenden Fall, hat der Gesellschafter N dem Kläger die Anteile deswegen übertragen, damit er auch in Zukunft Mitarbeiter der GmbH bleibt. Damit ist diese vorteilhafte Übertragung der Anteile als Lohnvorauszahlung für die künftigen Tätigkeiten des Klägers zu beurteilen. Der Vorteil ist jedoch gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Damit ist der Vorteil als Vergütung für eine mehrjährige Dienstleistung gemäß § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4 EStG steuerlich begünstigend zu berücksichtigen.
Praxistipp vom Fachanwalt
Die Konstellation zeigt wieder einmal, dass Umstrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen regelmäßig durch einen gesellschaftsrechtlich und steuerrechtlich versierten Rechtsanwalt begleitet werden sollten.
Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht
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