BFH, Urteil vom 25.04.2012 — I R 24/11 — Keine Bindungswirkung für Gemeinde an Entscheidung des Finanzamtes
Bereits mehrfach wurde der Gesetzgeber für seine unternehmensfeindliche Sanierungspolitik kritisiert – besonders wenn es um die Frage der Besteuerung von Sanierungsgewinnen geht. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) erneut gegen eine Sanierungsfreundliche Politik entschieden – dem sogenannten Sanierungserlass des BMF wurde die Stellung einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift abgesprochen. Das klingt zunächst nicht weiter interessant – hat aber entscheidende Konsequenzen für die Sanierung von Unternehmen.
Im entschiedenen Fall wurde ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt, der Grundlage der Gewerbesteuerfestsetzung der jeweiligen Kommune ist. Die Klägerin ging davon aus, dass eine Festsetzung zu unterbleiben hat, da der Sanierungserlass eingreift – und damit keine Gewerbesteuer zu zahlen ist.
Dem hat der BFH widersprochen – das Finanzamt ist nach seiner Auffassung nicht zuständig für eine Entscheidung über den Erlass der Gewerbesteuer. Der Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr ist daher vom Finanzamt festzusetzen. Für derartige Billigkeitsmaßnahmen im Sinne des § 163 Satz 1 AO ist das Betriebsstättenfinanzamt nur dann zuständig, wenn für derartige Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen nach Ansicht des BFH beim Sanierungserlass nicht vor.
Praxistipp
Im Urteil wurde zunächst bestätigt, dass der Sanierungserlass weiterhin die Rechtsgrundlage für Erlassmaßnahmen der Finanzverwaltung bei unternehmensbezogenen Sanierungen darstellt.
Allerdings besteht nunmehr weiterhin das Problem, dass eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung keine Bindungswirkung entfaltet wenn es um die Frage der Gewerbesteuer geht. Dies führt dazu, dass zwar das Finanzamt einen Sanierungsgewinn aus Billigkeitsgründen nicht besteuert – allerdings kann die Gewerbesteuerfestsetzung das gerade sanierte Unternehmen wiederum in eine existenzbedrohende Lage bringen.
In der Praxis muss der Berater daher nicht nur mit den zuständigen Finanzämtern sprechen – sondern auch die zuständigen Kommunen in die Planung einbeziehen.
Zu hoffen bleibt, dass der Gesetzgeber endlich handelt und eine gesetzliche Regelung schafft – damit Unternehmenssanierungen sicherer werden.
Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- & Gesellschaftsrecht
Gern beantworte ich Ihre Fragen – kontaktieren Sie mich!